HYPATIA.SCIENCE Projektberichte

Jährlich werden hier die selbstverfassten Erfahrungsberichte der Studentinnen geteilt, die im Rahmen von HYPATIA.SCIENCE ihr Projekt absolviert haben. Wir möchten damit nicht nur auf uns aufmerksam machen, sondern auch mehr Studierende, insbesondere Studentinnen motivieren, Teil eines solchen Projektes zu werden, bzw. eine Promotion für sich in Betracht zu ziehen.

2021

Anouk Weber – Modelle der mathematischen Epidemiologie und Scientific Machine Learning

„In meiner Forschungsstelle im Rahmen von HYPATIA.SCIENCE habe ich mich mit dem Einsatz einer Methode des Scientific Machine Learning zur Parameteridentifikation in Modellen der mathematischen Epidemiologie beschäftigt. Hierbei habe ich einen bereits bestehenden Code der Arbeitsgruppe von Herrn Professor Klawonn erweitert. Der ursprüngliche Code hat unter Verwendung von Physics Informed Neural Networks (PINNs) und Kompartimentmodellen die Kontaktraten in einer Gesellschaft während einer Pandemie berechnet. Hierbei wurden die Differentialgleichungen, die aus den Kompartimentmodellen resultieren, in ein neuronales Netz eingebunden. In diesem Code wurde zur Vereinfachung davon ausgegangen, dass in der Gesellschaft alle die gleiche Kontaktrate haben. Meine Aufgabe war es dann, in den Code weitere Differentialgleichungen einzubauen, sodass zwei Gruppen mit unterschiedlichen Kontaktraten berücksichtigt werden können. Die Berechnungen habe ich auf einem Grafikkartencluster durchgeführt.
Nicht nur durch meine eigene Tätigkeit während des Projektes, sondern auch durch den Austausch mit meiner Betreuerin habe ich einen besseren Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten und in die Aufgaben und Tätigkeiten, die man während einer Promotion hat, erhalten. Mir hat es Spaß gemacht, an einem so aktuellen Thema mitzuarbeiten. Für mich war das Projekt im Rahmen von HYPATIA.SCIENCE eine sehr lehrreiche Erfahrung, da sich innerhalb des Studiums selten die Möglichkeit bietet, neue Ansätze selber zu erforschen. Stattdessen geht es meist darum bereits erforschte Theorien nachzuvollziehen und bereits erforschte Methoden anzuwenden. Die Erfahrung, selber wissenschaftlich zu arbeiten, hat mir bei der Frage, ob eine Promotion für mich in Frage kommt, sehr geholfen.“

2020

Wir hatten trotz der Beschränkungen durch die COVID-19-Maßnahmen die Möglichkeit, die folgenden 4 Projekte zu unterstützen und durchzuführen:

Svenja Griesbach Pandoras-Box-Probleme auf metrischen Räumen

„Im Mai 2020 wurde ich unter der Betreuung von Dr. Kevin Schewior in das Förderprogramm von HYPATIA.SCIENCE aufgenommen. Als Forschungsprojekt hatten wir uns ursprünglich für das Pandoras-Box Problem auf metrischen Räumen entschieden. Das allgemeine Pandoras-Box Problem ist wie folgt definiert: Es gibt n Alternativen (Boxen), jede mit einem bekannten nicht-negativen Preis und einem nicht bekannten nicht-negativen Profit (Inhalt der Box), der unabhängig aus einer bekannten Wahrscheinlichkeitsverteilung stammt. Die Agentin öffnet sequentiell eine gewisse Teilmenge der Boxen, d.h. sie zahlt den entsprechenden Preis, um den Profit der Box zu sehen. Das Ziel ist es, eine Strategie zu finden, die den maximalen gefundenen Profit abzüglich der bezahlten Kosten in Erwartung maximiert. Weitzman zeigte 1979,dass die optimale Strategie eine einfache Struktur hat und effizient berechnet werden kann.
Da das Modell in der theoretischen Informatik in den letzten Jahren sehr populär wurde, wollten wir eine Verallgemeinerung des Problems betrachten. Hierbei befinden sich die Boxen an verschiedenen bekannten Positionen in einem metrischen Raum. Beginnend und endend an einer festen Position bewegt sich die Agentin nun im metrischen Raum, wobei die Öffnungskosten durch die gelaufene Distanz ersetzt werden. Leider stellte sich dieses Problem bei genauerer Betrachtung als ziemlich schwierig heraus, weshalb wir nach ein paar Monaten das Problem etwas umgeschrieben haben. Da es sich hierbei jedoch noch um unser aktuelles Forschungsprojekt handelt, möchte ich gar nicht genauer auf das Problem und unseren aktuellen Forschungstand eingehen.
Denn auch wenn mein offizieller Förderzeitraum bereits seit Ende Oktober vorbei ist, treffe ich mich noch immer wöchentlich mit Dr. Kevin Schewior, um weiter an dem Problem zu forschen. Seit September ist auch Dr. Felix Hommelsheim unserem kleinen Forschungsteam beigetreten und unterstützt uns tatkräftig. In unseren wöchentlichen, etwa zweistündigen Treffen berichten wir von unseren neuen Ideen zur Lösung des Problems und versuchen gemeinsam, mögliche Herangehensweisen zu erarbeiten. Ich habe somit während der gesamten Zeit dieselben Aufgaben und Ziele wie mein Betreuer verfolgt. Somit konnte ich einen sehr guten Einblick in den Alltag einer Promovierenden erhalten, auch wenn man mal für einige Wochen keine Fortschritte macht. Trotzdem macht das Forschen und vor Allem die intensive Arbeit im Team mir sehr viel Spaß und das Programm von Hypatia.Science hat sicherlich dazu beigetragen, die Forschung für mich nahbarer zu machen.“

Antonia Thiemeyer – Lokale Optima der Gaußschen Masse

„Im Zuge des HYPATIA.SCIENCE Projekts an der Universität zu Köln hatte ich die Möglichkeit ein halbes Jahr lang einen Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten an der Universität zu erlangen. Das Ziel unseres Projekts war es, lokale Optima für die Gaußsche Masse Funktion über Gittern zu finden. Im Gegensatz zu den bereits untersuchten lokalen Minima dieser Funktion gibt es bisher noch keine konkreten Ergebnisse über die (lokalen) Maxima. Indem Gitter durch ihre Gram-Matrix identifiziert werden, konnten wir die Funktion über einem euklidischen Raum definieren und das Problem der Optimierung auf die Auswertung des Gradienten und der Hessematrix zurückführen. Es gelang schließlich mit Techniken für Thetareihen und Modulformen einen Ausdruck für die Hessematrix aufzustellen und Methoden zu entwickeln, um die Definitheit dieser Matrix zu untersuchen. Die zu Beginn des Projekts aufgestellte Vermutung über einen möglichen Maximierer stellte sich in diesem Schritt zwar als falsch heraus, jedoch konnten wir basierend auf den Ergebnissen neue Vermutungen aufstellen. Es lässt sich festhalten, dass die entwickelten Methoden dazu dienen könnten tatsächliche Maximierer zu finden.
Meine Aufgaben während des Projekts waren sehr vielfältig. Zu Beginn galt es sich eigenständig mit allen Grundlagen vertraut zu machen. Dazu habe ich mich mit Literatur zu den Themen Gittern und Modulformen auseinandergesetzt und in zwei Vorträgen meine Ergebnisse präsentiert. Alles bis dahin Erarbeitete konnte auf die Gaußsche Masse Funktion angewendet werden. Nach den ersten theoretischen Ergebnissen untersuchten wir die Hessematrix zunächst numerisch. Dafür nutzten wir das Computeralgebrasystem Sage. In dieses konnte ich mich auch ohne Vorkenntnisse schnell einarbeiten. Zuletzt hatte ich die Aufgabe alle Ergebnisse zusammenzutragen und einen Vortrag im Oberseminar zu halten.
Für mich persönlich war die Teilnahme am Hypatia.Science Programm eine tolle Erfahrung und eine Bereicherung. Ich habe gelernt eigenständig zu arbeiten und auch bei zwischenzeitlichen Schwierigkeiten am Ball zu bleiben. Bei Fragen oder Problemen konnte ich mich jederzeit an meinen Betreuer wenden, der mich immer zeitnah unterstützt hat. Darüber hinaus habe ich nun eine genauere Vorstellung vom wissenschaftlichen Arbeiten. Des weiteren ist es für mich sehr erfreulich, dass mit den Ergebnissen aus diesem Projekt weiter gearbeitet wird. Ich bin gespannt welche Resultate aus der weiteren Forschung hervorgehen werden. Insgesamt gehe ich aus diesem Projekt mit einem sehr guten Gefühl heraus und könnte mir vorstellen zu promovieren.“

Im Zuge dieses Projekts ist in Zusammenarbeit mit unter anderem dem Betreuer Arne Heimendahl eine Forschungsarbeit entstanden: „Critical even unimodular lattices in the Gaussian core model

Anna Nechamkina – Rekurrenz und Transienz in Booleschen Zufallsgraphen

„Ich nahm von Juni bis November 2020 an einem Forschungsprojekt im Rahmen von HYPATIA.SCIENCE teil und war am Lehrstuhl Stochastik und Wahrscheinlichkeitstheorie unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Mörters als wissenschaftliche Hilfskraft tätig. Mein Projektthema handelte von Rekurrenz und Transienz in Booleschen Zufallsgraphen. Es ging um die Fragestellung, ob eine zufällige Irrfahrt auf einem Booleschen Graphenmodell unendlich oft wieder zu ihrem Startpunkt zurückkehren würde, also rekurrent sei, oder nicht, d.h. in dem Fall transient wäre. Bei einem Booleschen Zufallsgraphen handelt es sich um einen Graphen, dessen Knoten Poisson-verteilt sind und einen zufälligen Radius zugewiesen bekommen. Anhand dieser Radii werden die Kanten gebildet, wobei zwei Knoten verbunden werden, wenn die Kugeln der beiden Punkte mit den jeweiligen Radii sich schneiden. Zielsetzung des Projektes war es, die Vermutung, dass Rekurrenz in Dimensionen 1 und 2 existiere, zu beweisen.
Als Grundlage diente ein Paper, in welchem für ein ähnliches Graphenmodell die Behauptung bereits gezeigt worden war. Meine Aufgabe bestand darin, die Beweistechniken in dem Paper zu verstehen und auf mein Modell zu übertragen. Der zweite Teil des Projektes sollte darin bestehen, Transienz für höhere Dimensionen zu untersuchen. Leider war die Uni coronabedingt über den gesamten Zeitraum geschlossen. Dadurch war es nicht möglich, sich im Mathematischen Institut zu treffen und vor Ort am Projekt zu arbeiten. Dennoch gab es einen regelmäßigen – quasi wöchentlichen – Austausch mit den Mitarbeitern der Lehrgruppe zu Fortschritten und Schwierigkeiten, die während des Projektes auftraten.
Ich konnte mir in dem Zeitraum ein gutes Bild davon machen, wie wissenschaftliche Arbeit abläuft und was eine Promotion beinhaltet. Es gehört viel eigenverantwortliches Arbeiten dazu, wenn man sich in neue Probleme einliest und versucht, seiner Fragestellung nachzugehen und eine Lösung zu finden. Allerdings ist es genauso wichtig, sich regelmäßig mit der Gruppe auszutauschen, denn so entstehen oft neue Ideen und Ansätze für Probleme, bei denen man selber gerade nicht weiterkommt. Ich habe viele Erfahrungen sammeln können und bin mir nun mehr als vorher bewusst, wie eine Promotion ablaufen könnte.“

Pauline Scharf – Lokal-harmonische Maaßformen auf dem hyperbolischen Raum

„Ziel des Projektes war die Konstruktion lokal-harmonischer Maaßformen auf dem hyperbolischen Raum der Dimension n. Dabei handelt es sich um Funktionen, die auf höherdimensionalen Verallgemeinerungen der komplexen oberen Halbebene definiert sind, unendlich viele Symmetrien unter Möbiustransformationen besitzen und bis auf gewisse Unstetigkeitsstellen harmonisch sind. Für die Konstruktion haben wir einen Ansatz verwendet, der die Theorie der singulären Thetalifts nutzt. Die Idee dabei ist, mittels eines geeigneten Integraloperators eine Abbildung von klassischen Modulformen auf der oberen Halbebene zu lokal-harmonischen Maaßformen auf dem hyperbolischen n-Raum zu definieren.
Zu Beginn des Projektes habe ich mich in die benötigten Grundlagen eingearbeitet. Danach haben wir in regelmäßigen Zoom-Meetings unsere bisherigen Ergebnisse und die nächsten Schritte besprochen sowie die sich ergebenen Aufgaben aufgeteilt. Während dieser zweiten Phase des Projektes habe ich entweder Beweise, die bereits für ähnliche Thetalifts geführt wurden, auf den von uns benötigten Thetalift übertragen oder eigene Beweise und Berechnungen durchgeführt. Dabei hatte ich immer einen Ansprechpartner, der mir bei Fragen oder Problemen weitergeholfen hat.
Die Arbeit an dem Projekt hat einen guten Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten unter Corona-Bedingungen gegeben. Wie das wissenschaftliche Arbeiten an einem gemeinsamen Forschungsprojekt unter „normalen“ Bedingungen abläuft, hat man in diesem Semester leider nur durch Erzählungen mitbekommen. Trotzdem habe ich nach Abschluss des Projektes ein gutes Bild davon, was eine Promotion für mich beinhalten würde und könnte mir diese auch gut vorstellen, allerdings nicht direkt nach meinem Masterabschluss, sondern erst später, wenn das Arbeiten vor Ort und der direkte Austausch wieder problemlos möglich sind.“